alliance F beschliesst Zustimmung zur BVG-Reform und verabschiedet Zukunftsprogramm für Gleichstellung

Die Delegierten des Bundes Schweizerischer Frauenorganisationen alliance F haben am Samstag in Bern mit 81 zu 15 Stimmen die Ja Parole zur anstehenden Reform der beruflichen Vorsorge beschlossen. Sie folgten damit der Empfehlung des Vorstandes.

 

In der Aula des PROGR in Bern haben die Delegierten des Frauendachverbands alliance F am Samstag, 20. April, an ihrer 124. Delegiertenversammlung die Ja-Parole zur BVG-Reform beschlossen. Der Entscheid für die Ja-Parole (in der Abwägung zur Stimmfreigabe) fiel mit 81 zu 15 Stimmen bei 0 Enthaltungen nach einer differenzierten und ausgiebigen Debatte zu den Vor- und Nachteilen der Vorlage.

Zuvor hatten die alliance F-Co-Präsidentinnen Maya Graf und Kathrin Bertschy die Argumente des Vorstands für die Reform ausgeführt, die stellvertretende Sekretariatsleiterin des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, Gabriela Medici, vertrat auf Einladung die Nein-Seite. Über die BVG-Vorlage befindet das Volk voraussichtlich im Herbst

Co-Präsidentin Graf sagte gleich zu Beginn ihres Votums: «Es ist ein Kompromiss, aber es ist ein grosser Fortschritt gegenüber heute.» Dank der Reform könne der Systemfehler des fixen Koordinationsabzuges endlich behoben werden, notabene eine Forderung der alliance F seit mehr als 30 Jahren. Neben einer höheren Rente, gerade für Teilzeitangestellte und Geringverdienende, wären mit der Reform deutlich mehr Frauen zusätzlich gegen Invalidität versichert.

Co-Präsidentin Bertschy ergänzte: «Vor 8 Jahren habt ihr uns hier in diesem Raum einstimmig den Auftrag gegeben, diesen Koordinationsabzug abzuschaffen, und wenn dir diese Chance jetzt nicht packen, werden wir nicht so bald wieder eine Möglichkeit dazu bekommen.» Bertschy wie auch Graf verwiesen in ihrem Vortrag zudem auf die Studie, die BSS Volkswirtschaftliche Beratung im Auftrag von alliance F durchgeführt hat. Die im März publizierte Analyse zeigt auf, dass Frauen unter dem Strich dank der neu deutlich besser versicherten Teilzeitarbeit zu den Gewinnerinnen der Reform zählen.

Gewerkschaftssekretärin Medici erklärte, warum die Delegierten die Reform aus ihrer Sicht ablehnen sollten. Sie wies in ihrem Vortag auf das ihrer Meinung nach grundsätzliche Problem in der 2. Säule hin: «Die Pensionskassenrenten sinken seit Jahren.» Zudem gäbe es keinen Teuerungsausgleich. Die Pensionskassen seien darum der falsche Weg, um den nach wie vor tieferen Altersrenten der Frauen zu begegnen. Medici räumte zwar ein, dass die aktuell existierende Teilzeitbenachteiligung mit der Reform zum Teil behoben würde, doch die berechtigten Frauenforderungen seien mit der Senkung des Umwandlungssatzes mit einer Abbauvorlage verknüpft worden.

Die anwesenden Delegierten folgten in der anschliessenden Abstimmung der Empfehlung des Vorstandes für eine Ja-Parole. Den vor Ort eingereichten Antrag zu einer Stimmfreigabe lehnten sie ab.

 

Frisch ab Presse – das neue Zukunftsprogramm der alliance F

Die Delegierten der alliance F haben heute Samstag ebenfalls das neue Gleichstellungs-Legislaturprogramm der alliance F verabschiedet. Dieses feministische Zukunftsprogramm bildet das Grundlagenpapier für die Verbands-Arbeit in der neu angebrochenen Legislatur 2023–2027. Die Co-Präsidentin Maya Graf sagt dazu: «Der Acht-Punkte-Plan wird in den nächsten Monaten und Jahren der Kompass für unser politisches Schaffen sein, und mit unserer geballten, überparteilichen Kraft ins Bundeshaus getragen. Denn dort werden die Weichen gestellt für eine gleichberechtige Zukunft!”. Und Co-Präsidentin Kathrin Bertschy meint: «Wir nehmen uns viel vor, denn es gibt viel zu tun! Denn die Schweiz muss die Gleichstellung beherzt vorantreiben, um die Frauen – 50% unserer Bevölkerung – in ihrer Vielfalt stärken. Gleichstellung passiert eben nicht von allein – es braucht konkrete Massnahmen und Mittel dafür!»

Nach der Diskussion und einigen beschlossenen Änderungsanträge an der DV wird das Programm in den nächsten Wochen finalisiert. Die wichtigsten Punkte sind:

1.     Wir setzen uns für eine Elternzeit, eine bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung und für die Individualbesteuerung ein, damit Frauen ihr wirtschaftliches Potenzial nutzen können 

2.     Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit, einen verbesserten Koordinationsabzug in der BVG, eine bessere wirtschaftliche Absicherung für Berufsfrauen im Handwerk und in den KMU

3.     Wir stärken das Finanzwissen von Frauen, damit sie selbstbestimmtere Entscheide fällen

4.     Wir wollen gleiche Rechte für alle Frauen in der Fortpflanzungsmedizin 

5.     Wir erarbeiten einen Umgang mit Technologien, der die Selbstbestimmung und Chancengleichheit von Frauen fördert, statt sie zu beschneiden

6.     Wir wollen eine bessere Geschlechtervertretung in MINT-Berufen 

7.     Wir wollen eine Aussen- und Sicherheitspolitik, die auch auf das Expertenwissen und die Kompetenz von Frauen und der weiblichen Zivilgesellschaft setzt




Die langjährige und verdankte Vorständin Hedi Luck (2. von links) mit der neuen Vorständin Sandra Locher, umrahmt von den Co-Präsidentinnen Maya Graf und Kathrin Bertschy .

Neue Vorständinnen gewählt

An der 124. Delegiertenversammlung der alliance F wurde auch der Vorstand sowie das Präsidium für die nächsten zwei Jahre bestimmt. Neu im Vorstand vertreten und einstimmig und mit viel Applaus gewählt wurde die Bündner Alt-Nationalrätin und SP-Politikerin Sandra Locher Benguerel sowie die bernische Alt-Grossrätin und Mitte-Frau Alexandra Perina-Werz. Ebenfalls mit einem glanzvollen Resultat bestätigt wurden die bisherigen Co-Präsidentinnen Ständerätin Maya Graf (Grüne) und Nationalrätin Kathrin Bertschy (GLP) sowie alle weiteren Mitglieder des Vorstands. Aus dem Vorstand zurückgetreten sind Hedi Luck-Fasciati und Sophie Achermann. Luck-Fasciati arbeitete volle 15 Jahre im Vorstand von alliance F mit. Wir danken allen bisherigen, neuen und speziell den nun abgetretenen Vorständinnen von ganzem Herzen.