Verbrannte Kopftücher im Iran, Abtreibungskämpfe in den USA und kleine Meilensteine im Schweizer Parlament: Der feministische Videorückblick auf das Frauenjahr 2022  

Ein Jahr nach der Frauensession ziehen wir eine positive Bilanz: Von den in den 23 Petitionen gestellten Forderungen hat das Eidgenössische Parlament sechs bereits in beiden Räten angenommen und weitere fünf in den Kommissionen oder Erst-Räten beschlossen: So muss der Bundesrat künftig regelmässig schweizweite Präventionskampagnen gegen häusliche, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt lancieren und prüfen, wie Universitäten und Fachhochschulen künftig mehr Forscherinnen und Forscher in Teilzeitpensen fix anstellen können.

Zudem schreitet unser Gleichstellungslegislaturprogramm voran: Der Bund soll sich in Zukunft mit gut 500 Mio. jährlich zur Verbilligung der Elterntarife engagieren. Das Geschäft steckt zurzeit in der Kommission und kommt im März in den Nationalrat. Zudem hat der Nationalrat die Ja heisst Ja Lösung im Rahmen der Revision des Sexualstrafrechts angenommen. Und der Bundesrat hat einen Vorschlag gemacht, wie die Individualbesteuerung umgesetzt werden könnte. Sie ist eine langjährige Forderung von alliance F und befindet sich in der Vernehmlassung.

Helvetia ruft geht zudem in die nächste Runde! Wir sind mit sämtlichen Parteipräsidien eine Wette zur Erhöhung des Frauenanteils im Parlament eingegangen und sie haben mit Handschlag eingewilligt. Nächsten Oktober gilts ernst. A propos: Das Ständeratspräsidium geht mit gutem Beispiel voran und ist erstmals in reiner Frauenhand.

Der weibliche Körper als Politikum

Am 24. Juni 2022 beschloss der Bundestag die Aufhebung des umstrittenen Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche und strich den Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch. Am gleichen Tag kippte der Oberste Gerichtshof der USA das liberale Abtreibungsrecht Roe v. Wade. Damit können die Bundesstaaten strengere Gesetze zu Schwangerschaftsabbrüchen erlassen. Im konservativen Kansas stimmten danach jedoch 60 Prozent für den Schutz der Abtreibungsrechte.

In zahlreichen Ländern wurde der Zugang zu Abtreibungen weiter erleichtert, in manchen gab es erneute Rückschritte. So müssen Schwangere in Ungarn neu den Herzschlag des Fötus hören, bevor sie abtreiben dürfen. In Italien wurde dem italienischen Senat drei rückläufige Gesetzesvorschläge vorgelegt. Sie umfassen Vorschläge zur Einführung von Gesetzen, die das Leben vor der Empfängnis schützen, zur Einführung eines "Tags des ungeborenen Lebens" und zur Einführung einer obligatorischen voreingenommenen Beratung vor der Abtreibung.

In Liechtenstein sind Abtreibungen zwar immer noch verboten, mit “nichtallein.liechtenstein” hat sich jedoch ein anonymes Kollektiv formiert, das ungewollt Schwangere unterstützt. In der Schweiz feierte die Fristenregelung im Oktober ihr 20-jähriges Bestehen. Sie wurde vom Volk damals mit 72.2 Prozent angenommen und wird bis heute von der Bevölkerung getragen und verteidigt.

Krieg in der Ukraine und Revolution im Iran

Am 24. Februar 2022 startete Wladimir Putin der Angriffskrieg gegen die Ukraine, zahlreiche Menschen müssen flüchten. USA und EU reagierten mit Sanktionen, die Nato aktivierte Verteidigungspläne für Osteuropa. Der Angriff ist auch ein Angriff auf Gleichstellung und Demokratie. Eine Antwort auf den Krieg muss deshalb auch eine feministische sein. Wir bitten nach Möglichkeit zu spenden an Heks Ukraine, Médecins du Monde und die SOS Kinderdörfer.

Weiterführende Links: https://www.heks.ch/nothilfe-ukraine/ukraine und https://medecinsdumonde.ch/ und https://www.sos-childrensvillages.org/where-we-help/europe/ukraine

Auch die Menschen im Iran benötigen unsere Solidarität: Der Tod der 22-Jährigen Mahsa Amini wurde zum Auslöser landesweiter Proteste gegen das islamistische Herrschaftssystem. Frauen stehen dabei an vorderster Front und verbrannten öffentlich ihre Kopftücher. Das Regime geht brutal gegen die Demonstrationen vor. Hunderte Menschen werden getötet, Tausende verhaftet. Wir bitten um Spenden an das Center For Human Rights, das Abdorrahman Boroumand Center for Human Rights in Iran, das Netzwerk 6Rang Iran und die Organisation Hawar.

Weiterführende Links: https://iranhumanrights.org/ und https://www.iranrights.org/ und https://6rang.org/english/ und https://www.hawar.help/de/iran/

Good News zum Schluss

In Kultur und Sport gab es 2022 auch viel Erfreuliches: Im letzten EM-Testspiel spielte die Schweizer Frauen-Nati gegen England vor einem neuen Zuschauerinnenrekord: 10'022 Menschen feuerten das Team an. Die französische Schriftstellerin Annie Ernaux erhielt den Literaturnobelpreis, die Arielle in der neuen Disney-Verfilmung ist eine mermaid of color und mit Kim de L’Horizon erhielt erstmals eine nonbinäre Person den Schweizer wie auch Deutschen Buchpreis.

Kurz: Auch wenn das mit der Gleichstellung oft nicht so schnell geht, wie wir uns es wünschen würden - es geht voran. Und wir bleiben dran.

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