Schlussabstimmung zum Kita-Gesetz – schafft es die Schweiz weg vom letzten Platz, mit den europaweit höchsten Kita-Kosten?
Nachdem der Nationalrat vergangene Woche die Differenzen zum Ständerat bereinigt hat, steht das Kita-Gesetz zur Schlussabstimmung am Freitag bereit. Es ist dringend notwendig, bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung bereitzustellen. In der Schweiz wenden Eltern laut der OECD 34% ihres Haushaltseinkommens für Kita-Kosten auf – der europaweite Höchstwert! Das Kita-Gesetz sieht eine monatliche Entlastung von 100 Franken pro Kind und Betreuungstag vor. Ein entscheidender Schritt zugunsten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der auch dem Fachkräftemangel entgegenwirkt.
Mit dem Kita-Gesetz werden sich die Kosten für familienexterne Kinderbetreuung für Eltern in der Schweiz von 125 auf 100 CHF pro Betreuungstag reduzieren, das sind 20%. Sie wenden “nur noch” 27,4 % ihres durchschnittlichen Haushaltseinkommens für Kita-Kosten auf. Somit rückt die Schweiz zwar weg vom letzten Platz, befindet sich aber immer noch im hinteren Feld, weit hinter dem OECD-Durchschnitt.
Die Reduktion der Kosten ist für junge Familien durchaus substanziell– was durch den Vergleich mit anderen Staaten unterstrichen wird – die Kosten für familienergänzende Kinderbetreuung in der Schweiz sind aber nach wie vor sehr hoch. Dabei müsste die Schweiz, insbesondere bei dem aktuellen Fachkräftemangel, ein Land sein, in dem die Vereinbarkeit gestärkt wird und sich Erwerbsarbeit auch für Frauen lohnt.
Schweiz investiert gerade einmal 2,17 % des BIP für Kinder, Eltern und Familien
Die Schweiz investiert so wenig wie kein anderes OECD-Land für Kinder, Eltern und Familien – gerade einmal 2,17 % des BIP (OECD). Wir alle aber wissen: In anderen Bereichen stellt sie breitwillig und viel rascher ein Vielfaches an Geld zur Verfügung, wie auch die aktuelle Budget-Debatte in National- und Ständerat wieder bestätigt hat. Doch die Schweiz denkt hier zu kurzfristig: Wer Familien durch bessere Vereinbarkeit entlastet, stärkt die ganze Gesellschaft.
Denn die Schweiz verändert sich: Die Bevölkerung wird immer älter und es leben mehr Menschen in Rente als früher – gleichzeitig werden immer weniger Kinder geboren, die Geburtenrate sinkt auf rekordtiefe 1,29 Kinder pro Frau (BFS). In vielen Branchen verschärft sich der Fachkräftemangel. Die Hauptlast für das Erwirtschaften des Wohlstands dieses Landes trägt die mittlere Generation: Sie finanziert als Erwerbstätige die Sozialwerke, zieht die künftige Generation gross und betreut oft gleichzeitig pflegebedürftige Angehörige.
Die Schweiz braucht eine zeitgemässe Vereinbarkeits-Infrastruktur
alliance F setzt sich daher für eine zeitgemässe Vereinbarkeits-Infrastruktur ein, mit der sich Berufs- und Familienleben besser vereinbaren lassen. Das Kita-Gesetz stellt dabei eine von drei tragenden Säulen der Gleichstellungspolitik dar – es braucht noch mehr. Für die Verwirklichung einer solchen Infrastruktur fordert alliance F deshalb, zusammen mit verschiedenen Partnerorganisationen,
a.) Die Einführung einer egalitären Elternzeit
b.) Die Stärkung der familienergänzenden Kinderbetreuung (Kita-Gesetz)
c.) Die Einführung einer Individualbesteuerung
Letztlich trägt eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zur finanziellen Unabhängigkeit der Frauen bei, was in mehrfacher Hinsicht dringend und verstärkt gefördert werden muss: Die fehlende Gleichstellung der Geschlechter führt zu einem Machtungleichgewicht, und hält Frauen damit in Abhängigkeitsverhältnissen, welche Armut fördern und im schlimmsten Fall in Gewalt münden. Wenn auch zunächst die einzelnen Schicksale als individuelles Problem einer von Armut oder Gewalt betroffenen Frau erscheinen mögen, so sind diese ebenso das Resultat eines Systemfehlers welchen alliance F aufzeigen und mit einem erwiesenermassen wirksamen Massnahmenkatalog beheben will.